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Verhaltensforschung: Papageien bevorzugen Liveaufnahmen

Spätestens seit der Coronapandemie haben sich Videomeetings als hervorragende Alternative in der Geschäftswelt durchgesetzt. Selbst Papageien werden bisweilen damit bespaßt.
Ein gelbgrüner Wellensittich sitzt auf einer Notebook-Tastatur. Auf dem Monitor sieht man den deutlich vergrößerten, gelben Kopf eines weiteren Wellensittichs
Wellensittiche sind Schwarmvögel, werden aber sehr oft alleine gehalten.

Papageien und Sittiche sind zumeist gesellige Vögel, die am besten paarweise oder im Schwarm gehalten werden. Dennoch finden sich viele allein im Käfig wieder. Manche werden von ihren Besitzerinnen und Besitzern dadurch bespaßt, dass sie ihnen einen Videoanruf mit Artgenossen bei anderen Menschen ermöglichen. Drei Wissenschaftlerinnen um Jennifer Cunha von der Northeastern University haben untersucht, ob die Vögel tatsächlich Live-Calls bevorzugen oder ob sie sich auch mit Aufzeichnungen begnügen.

Für seine Untersuchung hatte das Team neun Halter von unterschiedlichen Papageienarten mit Tablets ausgestattet und beobachtet, ob die Vögel direkte Videoanrufe oder Aufzeichnungen bevorzugten. Dabei konnten die Tiere selbst den Anruf starten oder sich per Knopfdruck Videos auf den Bildschirm holen. Und tatsächlich präferierten die gefiederten Gesellen Live-Calls gegenüber Aufnahmen, die ihnen einfach nur vorgespielt wurden. Sie zeigten deutlich mehr Interesse, wenn ihnen gegenüber ein Papagei auftauchte, der ebenfalls live auf Sendung war, und blieben mit diesen länger auf Sendung. An Aufzeichnungen verloren sie dagegen rascher das Interesse.

»In freier Wildbahn leben diese Vögel in Schwärmen und haben ständig Kontakt zu anderen Tieren. Als Haustiere werden sie oft allein gehalten, was dazu führen kann, dass sie negative Verhaltensweisen wie exzessives Herumlaufen oder Federrupfen entwickeln«, sagte die an der Studie beteiligte Ilyena Hirskyj-Douglas von der University of Glasgow. Die Wissenschaftlerin hatte zuvor ein Interface entwickelt, das es den Papageien ermöglicht, selbst Videoanrufe zu starten. Ihre Tablets wiesen extra große Knöpfe mit Bildern anderer Papageien auf, die ebenfalls an der Studie teilnahmen. Zudem wurden die Vögel darauf dressiert, den Facebook Manager zu starten, wenn sie anrufen wollten.

Die Tiere hatten allerdings nicht unbegrenzt Zugriff auf die Geräte, sondern insgesamt nur für zwölf Sitzungen, die drei Stunden dauerten und in der sie maximal zwei Videoanrufe starten konnten. Bei sechs Sitzungen wurden sie dabei mit Artgenossen verbunden, bei der anderen Hälfte spielten die Geräte nur Aufzeichnungen ab. Insgesamt verbrachten die Vögel mehr als 560 Minuten in Live-Schalten und nur 142 Minuten mit den Aufzeichnungen. Und nachdem sie festgestellt hatten, dass sie live waren, begannen sie auch deutlich häufiger einen zweiten Anruf als bei den aufgezeichneten Videos.

Die Halter berichteten zudem, dass ihre Tiere aktiver waren, wenn sie andere Papageien live sahen: Sie interagierten häufiger, wenn das Gegenüber auf bestimmte Verhaltensweisen reagierte. Dagegen verloren sie schneller das Interesse, wenn die Reaktion ausblieb, weil eben nur ein Film lief. Noch nicht beantworten konnte die Studie allerdings, ob die Papageien und Sittiche nicht vielleicht doch irgendwann das Interesse an den Unterhaltungsmedien verloren hätten. Ersatz für echten Kontakt sind sie ja nicht.

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  • Quellen
Association of Computing Machinery's CHI conference on Human Factors in Computing Systems, Honolulu

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