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Neurologie: Die Erleuchtung des Gehirns
Eine raffinierte Kombination von Optik und Gentechnik versetzt
Neurowissenschaftler in die Lage, Schaltkreise im Gehirn
mit ungeahnter Präzision zu kartieren – und sogar zu steuern.
Im Jahr 1937 publizierte der berühmte
Neurophysiologe Sir Charles Scott Sherrington
an der University of Oxford
(England) eine inzwischen klassische Beschreibung
der Gehirnaktivität. Er stellte sich
vor, Lichtpunkte signalisierten die Erregung
der Nervenzellen und ihrer Verbindungen. Im
Schlaf würden nur wenige dezentrale Hirnregionen
blinken, so dass das Organ einem
bestirnten Nachthimmel gliche. Beim Aufwachen
jedoch wäre es, "als ob die Milchstraße
einen kosmischen Tanz beginnt", schrieb
Sherrington. "Rasch verwandelt sich das gesamte
Gehirn in einen verzauberten Webstuhl,
in dem Millionen blitzender Schiffchen
vergängliche Muster weben, voller Bedeutung,
nie gleich bleibend, im steten Fluss immer
neuer harmonischer Motive."
Obwohl es Sherrington damals vermutlich nicht ahnte, enthielt seine poetische Metapher eine zukunftsweisende Idee: dass sich Hirnfunktionen durch Lichteffekte sichtbar machen lassen. Wie Nervenzellen zusammenarbeiten, um Gedanken oder Verhaltensmuster zu erzeugen, ist eine der schwierigsten offenen Fragen der Biologie – vor allem deshalb, weil sich aktive neuronale Schaltkreise gewöhnlich nicht in Gänze beobachten lassen. Standardmethoden, die mittels feiner Elektroden die Aktivität weniger Nervenzellen erfassen, liefern nur Detailinformationen – viel zu wenig, um daraus ein Gesamtbild zu konstruieren. Könnte man jedoch ganzen Gruppen von Neuronen bei der Kommunikation zusehen, ließe sich daraus vielleicht ableiten, wie die neuronalen Schaltkreise des Gehirns verdrahtet sind und ihre Funktion ausüben.
Fernsteuerung von Neuronen Diese verlockende Vorstellung brachte einige Neurologen dazu, an der Verwirklichung von Sherringtons Vision zu arbeiten. Daraus erwuchs ein neuer Wissenschaftszweig: die Optogenetik. Sie kombiniert die Gentechnik mit Methoden der Optik, um das Verhalten bestimmter Zelltypen sichtbar zu machen. Schon jetzt gelingt es, die Funktion verschiedenster Neuronengruppen zu visualisieren. Mehr noch: Mit dem Verfahren können Forscher Nervenzellen sogar fernsteuern, indem sie schlicht einen Lichtschalter betätigen. Diese Erfolge...
Obwohl es Sherrington damals vermutlich nicht ahnte, enthielt seine poetische Metapher eine zukunftsweisende Idee: dass sich Hirnfunktionen durch Lichteffekte sichtbar machen lassen. Wie Nervenzellen zusammenarbeiten, um Gedanken oder Verhaltensmuster zu erzeugen, ist eine der schwierigsten offenen Fragen der Biologie – vor allem deshalb, weil sich aktive neuronale Schaltkreise gewöhnlich nicht in Gänze beobachten lassen. Standardmethoden, die mittels feiner Elektroden die Aktivität weniger Nervenzellen erfassen, liefern nur Detailinformationen – viel zu wenig, um daraus ein Gesamtbild zu konstruieren. Könnte man jedoch ganzen Gruppen von Neuronen bei der Kommunikation zusehen, ließe sich daraus vielleicht ableiten, wie die neuronalen Schaltkreise des Gehirns verdrahtet sind und ihre Funktion ausüben.
Fernsteuerung von Neuronen Diese verlockende Vorstellung brachte einige Neurologen dazu, an der Verwirklichung von Sherringtons Vision zu arbeiten. Daraus erwuchs ein neuer Wissenschaftszweig: die Optogenetik. Sie kombiniert die Gentechnik mit Methoden der Optik, um das Verhalten bestimmter Zelltypen sichtbar zu machen. Schon jetzt gelingt es, die Funktion verschiedenster Neuronengruppen zu visualisieren. Mehr noch: Mit dem Verfahren können Forscher Nervenzellen sogar fernsteuern, indem sie schlicht einen Lichtschalter betätigen. Diese Erfolge...
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