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Lexikon der Mathematik: Li Ye

chinesischer Mathematiker und Literat,

geb. 1192 Luancheng (Provinz Hebei, China), gest. 1279 Yuanshi (Provinz Hebei, China).

Li Ye ist einer der wenigen Mathematiker in der Geschichte Chinas, dessen Lebenslauf weitgehend bekannt ist. Dies liegt daran, daß er hohe Regierungsämter innehatte und deshalb in die historischen Annalen der mongolischen Yuan-Dynastie einging. Durch seine Wander- und Lehrtätigkeit in Nord- und Südchina kannte er sowohl die in Nord-China seit dem 12. Jahrhundert kursierende tian yuan-Methode, die südchinesischen Mathematikern wie Yang Hui verschlossen blieb, als auch die geometrische tiao duan-Methode aus Texten von Jiang Zhou und Dong Yuan, zur Lösung algebraischer Gleichungen.

Die Aufgabenstellungen seiner 1248 erstmals gedruckten „Spiegelungen der Kreismessungen im Meer“ (chin. Ce yuan hai jing) beschränken sich thematisch auf die geometrische Situation des „Abbildungsmodells der Form des kreisförmigen Stadtwalls“. Die so betitelte Abbildung am Anfang des Werkes enthält alle im Laufe des Werkes verwendeten geometrischen Größen und deren Bezeichnungen. In jeder der 170 Aufgaben wird nach dem Durchmesser des Stadtwalls gefragt und dieser durch Lösen der mittels der tian yuan-Methode erstellten algebraischen Gleichungen höheren Grades berechnet. Li Yes Arbeit an der ihm überlieferten tian yuan-Methode bestand vermutlich darin, den Inhalt der Methoden explizit zu machen oder auch zu verbessern.

Das von Li Ye später verfaßte und 1259 erschienene Werk „Vorführung der Abschnitte aus den Hinzufügungen zur Antike“ (chin. Yi gu yan duan) weist in seinem Aufbau eine deutlich andere Struktur auf als die „Spiegelungen der Kreismessungen im Meer“. Außer vier von insgesamt 64 Aufgaben mit Gleichungen ersten Grades führen alle Aufgaben zu Tableaus quadratischer Gleichungen mit ganzzahligen (positiven und negativen) Koeffizienten. Sie sind mit Abbildungen versehen, einer Methode, der Suche gemäß tiao duan und einer Bedeutung, die die Beschriftungen der Abbildung mit den Koeffizienten der Gleichung in Verbindung bringt. Zu 23 Aufgaben gibt es außerdem eine Alte Prozedur zur Aufstellung der Koeffizienten der quadratischen Gleichung, die vermutlich aus Jiang Zhous „Kollektion von Hinzufügungen zur Antike“ (chin. Yi gu ji) entstammt.

In den „Vorführung der Abschnitte aus den Hinzufügungen zur Antike“ werden Zahlen in den Koeffiziententableaus außerdem in umgekehrter Reihenfolge angeordnet. Li Ye legitimiert dies mit buddhistischen Vorstellungen: Der Koeffizient der „himmlischen Unbekannten“ (chin. tian yuan) soll im Laufe der Operationen nicht nach oben wandern, denn das Himmlische kann nicht noch höher steigen.

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  • Die Autoren
- Prof. Dr. Guido Walz

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