Gläubige Menschen übertragen unbewusst ihre eigenen moralischen und ethischen Vorstellungen in den Wertecodex, den sie als von ihrem Gott gegeben betrachten. Das haben Nicholas Epley von der University of Chicago und seine Kollegen aus Fragebögen und Hirnscans von über 1000 US-Amerikanern gelesen.
Die Wissenschaftler befragten die überwiegend christlichen Probanden zu Themen wie der Todesstrafe, Abtreibung oder gleichgeschlechtlichen Ehen. Anschließend mussten die Teilnehmer die vermutete Haltung ihres Gottes einschätzen und mit der bekannter Persönlichkeiten oder des Durchschnittsamerikaners vergleichen. Die Probanden nahmen ihre eigene Meinung als gottesnah wahr. Ähnlich schnitt die Einstufung der Meinung von Personen ab, die ein hohes öffentliches Ansehen genießen.
Hirnscans im Vergleich | Bei der Einschätzung der eigenen Meinung und der von fremden Menschen werden unterschiedliche Hirnareale aktiv (farbige Flecken). Die Einschätzung der göttlichen Meinung führt dagegen zu keiner abweichenden Hirnaktivität (rechts).
Mit Gehirnscans zeigten die Forscher, dass bei der Einschätzung der Meinung von im Mittel negativer bewerteten Durschnittsamerikanern andere Hirnareale aktiv werden, als bei der Bewertung der eigenen oder der göttlichen Meinung. Betroffen sind dabei vor allem der mittlere präfrontale Kortex, der Precuneus und die Schläfenlappen, wo unter anderem die Meinung Anderer bewertet wird. Die Aktivitätsmuster wichen besonders deutlich ab, wenn die Bewerteten von den Probanden als "ungläubig" eingestuft wurden.
Nach Ansicht der Forscher spielt das Selbst bei der Entstehung des Glaubens eine größere Rolle als bisher angenommen. Der Glaube an die "selbstgemachte" göttliche Meinung könne als Verstärker dienen, um die eigene Gedankenwelt zu bestätigen und zu rechtfertigen. Da die Studie ausschließlich mit überwiegend christlichen Amerikanern durchgeführt wurde, sei sie nicht automatisch auf alle Weltreligionen übertragbar, so die Wissenschaftler. (jvs)
Quellen
Links im Netz
Lexika
Epley, N. et al.:Creating God in one's own image. In: Proceedings of the National Academy of Sciences 10.1073/pnas.0908374106, 2009.
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